T-Home Entertain: Das Fernsehen von gestern


Mein erster Eindruck: IPTV funktioniert einigermaßen. Das Benutzerinterface könnte flotter sein, das Gerät scheint keine großen Leistungsreserven zu haben. Zappen geht überraschend zügig, das Umschalten dauert bei FTA-Sendern selten länger als eine halbe Sekunde. arte.HD fehlt, obwohl die Entertain-Bestell-Hotline mir bei der Bestellung auf explizite Nachfrage versichert hatte, dass der Sender im FTA-Bouquet enthalten sei. Na, vor dem Vertragsabschluss erzählt man dem Kunden halt alles mögliche, dafür hab ich ja Verständnis. Jetzt schreibt mir die Hotline aber:
Die Integration des Senders Arte HD in das Entertain-Programmangebot ist in Vorbereitung. Aktuell klären wir mit unseren Partnern die technischen und rechtlichen Fragen.
Mitte 2008 war dieser damals schon verwendete Textbaustein lt. T-Online-Forum noch etwas länger:
Wenn wir unsere Abstimmungen wie geplant abschließen können, werden Sie Arte HD ab dem vierten Quartal 2008 bei Entertain erleben.
War wohl nix.
Der einzige tatsächlich verfügbare, nicht kostenpflichtige HD-Sender sendet den halben Tag Werbung (anscheinend hauptsächlich Touristik-Angebote und BluRay-Trailer) und füllt den Rest der Zeit mit Serien und Spielfilmen aus den 80ern und 90ern — bisher hab ich außer Werbung noch nichts in HD gesehen.
Um HD-Programme in HD sehen zu können (bzw. wenigstens die Benutzeroberfläche in hoher Auflösung genießen zu können), muss man den Media Receiver natürlich entsprechend konfigurieren. Er skaliert ein SD-Fernsehsignal dann auf die gewählte HD-Auflösung hoch. Erkennt er ein 4:3-Signal, pappt er links und rechts schwarze Balken dran. Leider senden die privaten "Spielfilmsender", allen voran Pro7, ihre Filme immer noch in 4:3 Letterbox. Über ein Menü kann man das Bild mit wenigen Tastendrücken in drei Stufen "zoomen". Merkwürdigerweise fehlen da aber auch auf der höchsten Zoomstufe an allen Rändern noch ein paar Zentimeter, die bleiben schwarz. Die Alternative, das Bildformat am Fernseher auf "Zoom" zu ändern, funktioniert nicht, weil der ein bereits auf 16:9 aufgefülltes Signal bekommt und daher nur in der Vertikalen zoomt. Ich hab also die Wahl zwischen Eierköpfen oder fetten, schwarzen Balken links, rechts, oben und unten. Man könnte das Bildformat im Media Receiver natürlich auf 4:3 umstellen, aber dazu sind 17 Tastendrücke zur Navigation durch das Menü nötig und beim Zurückstellen auf HD muss man zusätzlich jedes Mal durch eine Testseite durch, auf der man nochmal bestätigen darf, dass man auf seinem HD-Fernseher per HDMI tatsächlich ein HD-Signal darstellen kann.
Aber die wahren Vorteile von IPTV liegen ja beim Video on Demand. Da ließe sich eine Menge für T-Home Entertain reißen. Zu Videoload hab ich ja schon was geschrieben — ich zahle keine fünf Euro für das Recht, mir einen Film in Standardauflösung 24h lang angucken zu dürfen, den es in der Videothek billiger (und meist mit reichhaltigem Bonus-Material) auf BluRay gibt, und das HD-Angebot von Videoload hinkt ein paar Jahre hinterher. Aber T-Home bietet ja auch ein TV-Archiv:
Sie haben einen tollen Film verpasst? Oder mal wieder während Ihrer Lieblingsserie im Stau gestanden? Zum Glück gibts bei Entertain das TV-Archiv. Hier stellen die einzelnen Sender eine große Auswahl ihres bereits ausgestrahlten Programms zur Verfügung. Einfach reinschauen, auswählen und genießen.
"Die einzelnen Sender"? Da hat wohl jemand "vereinzelte Sender" flahsc geschrieben.
Na, schauen wir doch mal exemplarisch irgendwo rein. Es gibt zwei Sender, die ganze "Mediatheken" anbieten: Pro7 und Sat.1. Unter "Shows" findet man bei Pro7 die 5. Staffel "Popstars" (2006). Unter "Spielfilme" zwei Dutzend Eigenproduktionen, darunter Klassiker wie "Gnadenlos II — Ausgeliefert und missbraucht". Wenn ich raten müsste, würde ich darauf tippen, dass T-Home 2006 gestartet wurde, die Mediatheken damals einmalig "befüllt" wurden und seither nur noch vereinzelte Feigenblätter nachgeschoben wurden. Einige andere Sender haben wohl mal ganze Serien angeboten, beim Durchgucken stößt man aber überall auf die vielsagende Meldung: "In diesem Bereich stehen momentan keine Inhalte zur Verfügung. Bitte versuchen Sie es später noch einmal." Vermutlich viel später.
Ich bin noch nicht sicher, ob ich das Gerät angeschlossen lasse, zumal der Standby-Modus anscheinend nicht mal ein echter Standby-Modus ist, möglicherweise wird nur das Videosignal abgeschaltet. Und jetzt erzähl mir keiner, dass das Gerät ja in Bereitschaft bleiben muss, damit es geplante Aufnahmen aufzeichnen kann — mein VDR-Rechner im Wohnzimmer kann sich auch abschalten, wenn er nicht gebraucht wird, und sich pünktlich zur nächsten Aufnahme von der batteriegepufferten Uhr wecken lassen.
Ach ja, das Totschlagargument gegen die Kiste: es scheint keinen Weg zu geben, Aufnahmen zu exportieren, z.B. um sie zu archivieren. Zurück in die Kiste damit.
Nachtrag, 24. Februar 2008: Dem taz-Artikel "Deutschland noch unscharf" entnehme ich, dass ich noch mindestens ein Jahr Geduld haben muss:
Bei ARD und ZDF ist der Regelbetrieb mit der Technik erst zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver ab Februar 2010 geplant.
Ich bin gespannt.