

Moritz Kraemer von Standard & Poor's erläutert bei Maybrit Illner, dass die Ratings der Agenturen anhand strikter Methodologien und Kriterien in einem international besetzten Kommittee ermittelt werden. Ihr einziges Mandat sei es, die Ausfallwahrscheinlichkeit von Schulden einzuschätzen. Und dann erklärt er:
"Das griechische Rating ist seit etwas über einem Jahr im sogenannten Non-Investment-Grade-Bereich, was in den Medien gern auch als Ramsch-Anleihe oder Junk Bonds bezeichnet wird […]. Wenn wir das machen, dann geben wir in der Regel auch eine Einschätzung ab: falls es zu einer Umschuldung käme, was wäre dann tatsächlich der Haircut. Und seit April letzten Jahres ist unsere Meinung, die hat sich auch nicht verändert, dass, wenn es zu einer Umschuldung käme — die aufgrund der Herabstufung nach unserem Dafürhalten wahrscheinlicher geworden ist, denn das ist ja der Ausdruck der Wahrscheinlichkeit, diese Zahlen und Buchstaben, die wir verwenden — würde die Umschuldung dazu führen, dass mindestens die Hälfte wahrscheinlich gestrichen werden würde."
Hervorhebung von mir. Schöner kann man es doch nicht erklären, oder? "Wir stufen Griechenland runter, weil Griechenlands Chancen schlechter werden und Griechenlands Chancen werden schlechter, weil wir Griechenland runterstufen. Und das haben wir gemacht, bis wir am Ende unserer Skala angekommen sind, und jetzt machen wir mit dem nächsten Land weiter." So verstehe ich das jedenfalls. Die Euro-Länder werden durch die "Rettungspakete" ja nicht solventer.
Auch wenn es mir zunehmend schwer fällt, Talkshows zu ertragen, insbesondere wenn Andrea Nahles in der Runde sitzt: diese Sendung war es fast wert, nicht zuletzt wegen des Schlagabtauschs zwischen dem Attac-Vertreter Alexis Passadakis — "Luxemburg ist eine Steueroase!" — und dem ausrastenden luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn: "Sie leben in einem Land, das Weltmeister im Waffenhandel ist!" Dies ausgerechnet dem Attac-Vertreter an den Kopf zu werfen, ist bemerkenswert doof und der Ausbruch war Herrn Asselborn dann auch sichtlich peinlich (wohl auch, weil Volker Kauder vergeblich versuchte, die Aufmerksamkeit davon abzulenken).
Volker Kauder hat sich übrigens mal wieder nicht entblödet, von den achtzehn Monatsgehältern zu erzählen. "Politik beginnt mit dem Betrachten der Realität" ist sein Lieblingsspruch. Vielleicht sollte er sich den mal zu Herzen nehmen und auch mal dazu sagen, wieviele Griechen diese achtzehn Monatsgehälter bekommen und wie hoch so ein Monatsgehalt bei einem durchschnittlichen Griechen ausfällt. Wenn man ein bisschen rumgoogelt, findet man in Foren Zahlen aus dem echten Leben, z.B. auf die Frage:
Ich hörte, dass in Griechenland ALDI eröffnet. Es geht in meinem Bekanntenkreis das Gerücht um, dass in Griechenland die gleichen Gehälter (Bereichsleiter) wie in Deutschland gelten + AUDI A4. Es würde mich sehr interessieren, was ein Bereichsleiter in Thessaloniki verdient
…die Antwort:
also ich komme aus der aldi nord und weiss das bezirksleiter 5000€ hier verdienen ein filialleiter 2200 und in griechenland das weiss ich weil ich dort schon ein vorstellungsgespräch hatte meinte die das 1200 € die ich dort bekommen würde schon viel ist
…gefolgt von einem Hinweis eines weiteren Diskussionsteilnehmers, dass die Lebenshaltungskosten aber eben nicht entsprechend niedriger seien. Diese Diskussion fand 2008 statt.
Lt. OECD betrug der
Median des verfügbaren Haushalteinkommens im Jahr 2007 und unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität (d.h. unterschiedliche Lebenshaltungskosten sind bereits herausgerechnet) in den USA über 30.000 US$, in Deutschland 20.000 US$ und in Griechenland 15000 US$. Ein griechischer Haushalt konnte sich also im Schnitt ein Viertel weniger an Waren und Dienstleistungen leisten als ein deutscher Haushalt. Und das war 2007, also
vor dem Platzen der Immobilienblase, der Finanzkrise und den Sparpaketen.